Raumgrenzen aus Papier · Afra Dopfer in der Foe156

Text zur Ausstellung „Intern“, Ausstellungsforum FOE 156, 1998 von Anne Erfle


Die spezielle Situation der FOE im permanenten Provisorium am Rande der Stadt fordert die dort ausstellenden Künstler dazu heraus, Arbeiten zu konzipieren, die auf den Ort mit seiner historischen Entwicklung Bezug nehmen. Die inzwischen baufälligen Baracken dienten von 1939 als Luftwaffenlazarett, wurden später als Oberföhringer Krankenhaus genutzt und stellen in ihrem heutigen Zustand umgeben vom Wohlstand ein manifestes Symbol der Vergänglichkeit dar. Dem seiner ursprünglichen Bestimmung entfremdeten Gebäude der FOE hat die Bildhauerin Afra Dopfer mit ihrer sublimen, klaren Raumskulptur eine neue Ästhetik verliehen.

Die Künstlerin arbeitet mit Eingriffen im Raum, die wie Architektur aussehen, doch in ihrer Funktion absurd erscheinen. In früheren Arbeiten, etwa in der Akademie Galerie benutzte sie halbtransparenten Nessel, um den Ort durch raumfüllende Verspannung zu besetzen. Der Stoff wurde an den Eckpunkten des Raums fixiert und bekam so durch das fragile Material eine skulpturale Form mit scheinbarer Stabilität. Er ging eine symbiotische Verbindung mit dem Raum ein und machte ihn gleichzeitig unbetretbar.

In Ausstellungsforum der FOE 156 hingegen schuf Dopfer eine speziell für diese Situation konzipierte Konstruktion, die im Gegensatz zu den anderen Arbeiten eine eigenständige Skulptur darstellt. Man könnte sie an anderem Ort aufstellen, nur hätte sie dann nicht den engen Bezug zur Architektur. Die Ausstellungsfläche besteht aus zwei sich kreuzenden Fluren und einem Lichthof. Normalerweise nimmt man die Schnittfläche der Flure nicht als besonderen Raum wahr, doch Dopfer materialisiert die Idee der Durchdringung zweier Raumvolumina, indem sie sie kaum merklich markiert und so die virtuelle räumliche Vorstellung definiert. Mit Hilfe eines Holzgerüsts zeichnet sie die Eckpunkte der vorgefundenen Architektur nach und bespannt das Gerüst von Innen mit Papierbahnen. Es entsteht eine - minimal verkleinerte - exakte Kopie dieses Raumteils: ein Kubus dessen vier Seiten geöffnet sind und mit „Wandansätzen“ in die Flure einmünden. Decke und Boden als makellose weiße Flächen verleihen dem leichten Raumkörper eine imaginäre Stabilität. Die in höchster Präzision hergestellte Skulptur wird wie eine innere Haut dem Gebäude eingepasst. Das geschieht nach einem mathematisch durchkonstruierten, logostischen Konzept Zug um Zug vor Ort. Da der skulpturale Körper äußerst empfindlich ist, wird das Procedere des Aufbaus ein entscheidender Teil der Arbeit. Durch die Wahl glatter, doch fragiler Materialien verweist Dopfer auch auf andere Aspekte dieser besonderen Situation und macht sie zum Thema. Ein Kreuzungspunkt ist ein Ort, an dem zwei Wege aufeinander treffen. Somit stellt er auch immer eine Entscheidungssituation dar. Von hier aus kann man verschiedene Richtungen einschlagen. Doch genau diese Eigenschaft unterbindet die Künstlerin, indem sie ihn zwar sonders hervorhebt, ihn jedoch unpassierbar macht. Würde man die Skulptur betreten, wäre sie zerstört.

Afra Dopfer versteht sich als Bildhauerin im klassischen Sinn. Ihre Skulpturen sind jeweils für eine spezifische Architektur konzipiert und funktionieren auch nur in diesem Zusammenhang.

Die Künstlerin visualisiert Raumgrenzen und unterstreicht damit den skulpuralen Aspekt von Architektur. Ihre Arbeiten nehmen formale Raumstrukturen auf, beziehen aber gleichzeitig durch ihre Transparenz und Zerbrechlichkeit das jenseits der sichtbaren Grenzen existierende Außen mit ein. Sie verändern die gewohnten Raumfunktionen, zwingen zum Innehalten oder, wie in der FOE dazu, andere Wege zu beschreiten.Der Kreuzungspunkt selbst wird zur Metapher. In diesem brüchigen Ambiente wirkt er in seiner neuen Ästehik wie ein kostbarer Meditationsraum. Er bildet ein Zentrum, dass man nur gedanklich besetzten kann. Gleichermaßen sind nur die „Ausgänge“ als Ansätze zu betrachten, als mögliche Richtungen.Man sieht nur die Öffnung, nicht jedoch den Zielpunkt. Nach Entfernen der Temporär installierten Skulptur hat der Raum sich in der Wahrnehmung verändert. Der Betrachter hat ihn durch die Verdoppelung und gleichzeitige Begrenzung bewußt erlebt und ihn in seinen Dimensionen mit allen Sinnen aufgenommen.




Birgit Höppl zur Videorbeit „was tun?“ in der Ausstellung „hand-greiflich“ Künstlerhaus Marktoberdorf, 2007 


„Obwohl hier kein Mensch, kein ganzer Körper zu sehen ist, postuliert die Hand ein Eigenleben und übermittelt eine Vielfalt an Empfindungen, die sich unmittelbar auf die Betrachter übertragen. Neugier, Furcht, Rebellion, Erschöpfung, Ruhe. Der geringfügige, aber wirkungsmächtige Eingriff der optischen Trennung von Hand und dazugehörendem Körper verleiht der Extremität eine neue, eigene Dimension, monumentalisiert sie, füllt sie mit Persönlichkeit.

Anhand dieser Videoarbeit, die mit minimalen Mitteln auskommt – einer Kiste und einer Hand, gefilmt von einer Kamera - wird das künstlerische Interesse von Afra Dopfer exemplarisch deutlich. Sie versteht sich als Bildhauerin im klassischen Sinn, die sich stets mit dem Verhältnis von Raum und Körper auseinander setzt. Oft präzise an der Kontaktlinie zur Architektur eingreifend, klärt die Bildhauerin in ihren konzentrierten Projekten darüber auf, wie schon kleine Veränderungen im jeweiligen System die Wahrnehmung des gesamten Raumes beeinflussen."




Karolina Breindl zur Arbeit „Ellipsoid“ in der Ausstellung „texere“ 1998, Seidl – Villa München


Die Künstlerin Afra Dopfer nutzt Räume nicht wie gewöhnlich als Ausstellungsräume, in die man Bilder hängt oder Objekte plaziert. Der spezifisch vorgefundene Raum wird in seiner Eigenart zum Ausgangspunkt ihrer künstlerischen Überlegungen und infolge dessen zum Ort der Auseinandersetzung über Kunst. Sie nimmt den leeren Raum als vorgegebenen Raumkörper und setzt in diesen einen anderen skulpturalen Raumkörper ein. Dieser Innenkörper nimmt dahingehend Bezug auf den ihn umgebenden Raum als er seine Maße und seine Form aufnimmt. Dadurch, dass die Raumverhältnisse in den jeweils unterschiedlich skulpturalen Gebilden zum Tragen kommen, reflektieren sie auch immer den architektonischen Raum.In diesem Sinne hob sie beispielsweise das Turmzimmer in der Seidlvilla München in seiner Besonderheit als Elipsoid hervor oder führte die Masse des Raumvolumens der Münchner Akademiegalerie in vollem Umfang vor, ohne schwer oder gar Massiv zu wirken.

Der Leere des Raumes gibt Afra Dopfer eine Gestalt, die rückgebunden ist an seine räumlichen Bedingungen. Wichtig dabei sind auch die Lichtverhältnisse. Das Volumen der Skulptur umschließt sie mit elastischem und transparentem Material wie Tüll und Schleiernessel, zunehmend verwendet sie auch Papier, ein leicht verletzliches Material, das den flüchtigen Charakter der Arbeiten unterstreicht . Die riesigen Stoffbahnen werden zusammengenäht und mit Hilfe von Nylonschnüren and den Wänden zu einer dreidimensionalen Form verspannt. Die dabei entstehenden Figuren sind Formen, deren Innenraum wiederum durch die lichtdurchlässige Struktur des Gewebes zu erfassen ist. Dieser „hohle“ Kern ist nicht begehbar, wohl aber durch die Transparenz des Stoffes einsehbar. Er erscheint einerseits als raumfüllender Körper, andererseits ist er aber gleichzeitig ein Hohlraum, der die Leere des Raumes wiederholt.

Beim Raumerleben lässt sich nicht mehr eindeutig unterscheiden zwischen Skulptur und Raum. Afra Dopfers Raumauffassung ist nicht mehr vom Begriff der Trenung sondern dem der Verbindung bestimmt. Weil sich der architektonische Raum und der eingeschreibene Raumkörper unmittelbar bedingen, existieren sie in dieser Konstellation auch nur ein einziges Mal. Am Ende der Ausstellung wird die Verbindung gelöst, die Skulptur fällt in sich zusammen, und das Zimmer ist wieder leer. Bei ihren Arbeiten handelt es sich um temporäre Installationen, die gerade nicht an andere Orte zu versetzten sind. Anwendbar ist lediglich wieder das Prinzip des Raum-im-Raum-Konzeptes. 




Matthias Supé zur Arbeit „Ein Kommen und Gehen“


Je nach Perspektive des Betrachters knüpft diese skulpturale Arbeit völlig verschiedene Beziehungen zum umliegenden Raum. Schaut man ein einzelnes Kugelsegment aus nächster Nähe an, so findet man auf seiner glänzenden Oberfläche die gesamte Eingangshalle des Tagesheims gespiegelt. Tritt man dagegen möglichst weit zurück, entfaltet sich im Zusammenspiel all dieser bunten Einzelteile eine große Struktur aus fortlaufenden geometrischen Formen. Erst während des Betrachtens setzen sich diese zusammen und vereinen sich dabei zu Quadraten, Rauten und Parallelogrammen, die ihre Gestalt lediglich durch die verschieden gefärbten Kugeln und deren unterschiedliche Abstände gewinnen. Mit minimalistischen und dabei höchst präzisen Mitteln stellt Afra Dopfer in dieser Skulptur Ordnung her. Eine strenge Ordnung, die aber nicht „ordentlich“ ist, sondern eben „strukturiert“, und damit nicht langweilig, sondern sinnvoll. Denn sie zieht die Wandfläche, die ja wegen Treppenaufgang, Galerie und Aufzugschacht nie komplett wahrgenommen werden kann, optisch regelrecht zusammen. Wie bei einer gemusterten Tapete lassen erst die Kugeln die Wand als ein harmonisches Ganzes erscheinen. 

Es sind die Beziehungen von Strukturen und Räumen und auch deren wechselseitige Wirkungen aufeinander, denen Afra Dopfer in ihren Arbeiten gerne nachgeht. In diesem Falle übertrug sie die horizontalen (Halle), vertikalen (Aufzug) und diagonalen (Treppe) Bewegungsrichtungen der Tagesheimkinder auf die Anordnung der Kugeln. Die knüpfen Kontakte, schließen sich in Grüppchen zusammen und gehen wieder auseinander. Genau wie die Schüler des Tagesheims – in einem steten „Kommen und Gehen“. 




Heinz Schütz zur Arbeit „Grün, Grün, Rot / Rot, Rot, Grün“


Im weiß und grau gestalteten Spielflur der Kindertagesstätte setzen Afra Dopfers Ornamentfelder Farbakzente, gleichzeitig eröffnen sie einen optischen Spielraum, der die Kinder zur Mitwirkung einlädt. In der Ausgangslage funktionieren die Elemente des veränderbaren Ornaments in ihrer sich seriell wiederholenden Abfolge von Grün, Grün, Rot im Erdgeschoss und Rot, Rot, Grün im Obergeschoss optisch wie Linien eines Bildes. Tatsächlich handelt es sich um kurze, farbige Holzstäbe, die um ihre eigene Achse gedreht werden können. Jede Drehung verändert das Bild und bringt eine andere Konstellation hervor, wobei die Zahl der möglichen Variationen und Veränderungen unausschöpfbar ist. 

Das von Afra Dopfer gewählte Ausgangsornament ist streng geometrisch und klar konstruiert und lässt sich doch optisch mehrfach lesen: Das Auge kann den horizontalen, vertikalen und diagonalen Farblinien folgen. Es kann das Bild aber auch flächig als Summe von Dreiecken mit kreisförmigen Eckpunkten, als Addition von Rauten oder – die wohl als erstes ins Auge springende Lesart – als Nebeneinander von Sechsecken betrachten. Eine räumliche Art der Betrachtung verwandelt die Sechsecke perspektivisch in Würfel. 

Von den drehbaren Farbstäbchen, die einem Bauklötzchensatz ähneln, geht die Aufforderung an die Kinder aus, in das Bild einzugreifen und es spielerisch umzugestalten. Da die Reichweite der Arme der Kinder begrenzt ist und die oberen Reihen des Ausgangsornaments außerhalb ihres Zugriffs liegen, bildet sich der Aktionsradius der Kinder optisch ab: Die strenge geometrische Ordnung bleibt im oberen Teil erhalten, im Bereich, in dem die Kinder agieren, entstehen womöglich Chaos, eine neue Ordnung oder aber auch, mit dem oberen Teil als Vorbild, erneut das Ausgangsornament.




Werkgespräch: Karolina Sarbia und Afra Dopfer. In: Afra Dopfer, dreidimensional

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Werkgespräch Kat 1 Karolina Sarbia und Afra Dopfer

Werkgespräch II

Die Wahrnehmung ist ein räumliches Geschehen


KS 1

Es gibt bereits ein Gespräch über deine künstlerischen Arbeiten in dem Werkkatalog dreidimensional. Dort haben wir über ausgewählte Arbeiten gesprochen, die nach 1998 entstanden sind. Die Raumkörper-Arbeiten, für die du vielfach ausgezeichnet und auch bekannt geworden bist als Künstlerin, entstanden alle vor 1998. In diesem Werkgespräch spannen wir einen weiten Bogen von den künstlerischen Anfängen bis zu den aktuellen Arbeiten in der Absicht, Entwicklungen und ästhetische Prinzipien in deiner Arbeit deutlich zu machen. 

Lass uns mit den Aktzeichnungen beginnen. Es gibt ein Riesenkonvolut an Zeichnungen, die du bisher noch nie in der Öffentlichkeit gezeigt hast, obwohl in ihnen viel Grund gelegt ist, worauf du später zurückgegriffen hast. Kannst du uns neben den Umständen dieser Zeit auch dein künstlerisches Anliegen schildern. Ich erinnere mich an ein Vorgespräch, in dem du sagtest, dass es sich weniger um menschliche Körper als um architektonische Figuren handelt. 


AD 1

Die Bezeichnung meiner Aktfiguren als architektonische Figuren stammt von Leo Kornbrust, in dessen Bildhauerklasse ich damals aufgenommen wurde. Bei unserer ersten Begegnung zeigte ich ihm meine Aktzeichnungen und er sagte: „ das ist ja Architektur, was Sie da machen...“. 

Erst später ist mir meine Nähe zur Architektur klar geworden, und noch später, sprich jetzt, sehe ich, dass ich mir eigentlich von Anbeginn meines Studiums an, in der Auseinandersetzung mit dem menschlichen Körper, auch Fragen der Architektur gestellt habe. Ein „künstlerisches Anliegen“ wie du das nennst, hatte ich zu der Zeit nicht. Ich war ziemlich ahnungslos. Ich habe das Zeichnen, das ich sehr intensiv betrieben habe, als Studium und als Untersuchung aufgefasst, den Ergebnissen keine autonome Existenz zuerkannt. Das heisst, ich habe sie nicht als Kunst bewertet. 


KS 2

Dann frage ich einfach genauer nach, um zu verstehen, was du am menschlichen Körper untersucht hast. Denn ich erinnere mich, dass du sagtest, du zeichnetest immer so lange, bis die Zeichnung ‚stimmte‘. Und das war nach deinem Ermessen dann gegeben, wenn die Figur kein Fragment mehr war, wenn die äußerlich sichtbare Körperform mit der inneren unsichtbaren Form, dem Skelett, übereinstimmte. Oder wie war das?


AD 2

Die Sitzungen mit den Modellen dauerten 45 Minuten, und so lange zeichnete ich. Ich hätte aber auch einen ganzen Tag oder mehrere Tage an der gleichen Position zeichnen können, denn das Zeichnen war bei mir ein sehr langsamer Prozess. Erst wenn ein gedachtes Gerüst stand, bin ich in die Formen gegangen, von den großen in die kleineren, untergeordneten Formen. 

Am meisten interessierte mich die stehende Figur. Man muss bedenken, dass die Modelle lange stehen mussten. Da suchten sie sich eine stabile Haltung aus, machten keine Pose. 

Ich habe mich gefragt, wie sich der Körper aufrecht hält, welche inneren Drehungen, welche Zueinanderordnungen der Körperteile, welche Statik dem zugrunde liegt, damit die Einzelteile als ein Ganzes funktionierten. Es ging also um konstruktive Fragen. Ich habe versucht, anhand der äußeren Form des Körpers, an seinen Wölbungen, Kurven, Formen - denn einen anderen Hinweis hat man ja nicht - auf die innere Statik zu schließen, und umgekehrt, daraus zu lernen, wie die innere Statik die äußere Form beeinflusst. 

Mein Verständnis von Statik hatte nichts mit dem Aufbau des menschlichen Skeletts zu tun, und anatomische Studien brachten mir da keine zusätzliche Erkenntnis. Der innere Aufbau bestand für mich eher im Zusammenwirken von Kräften. Das Schöne am menschlichen Körper ist, dass man ihn zwar zeichnerisch in Komponenten zerlegen kann, er aber immer ein funktionierendes Ganzes ist, und nur als Ganzes erlebt werden kann. 


KS 3

Ich verstehe, dich hat der menschliche Körper als lebendige, in sich zusammenhängende Form interessiert. Den Körper hast du nicht nur als abstrakte Form aufgefasst, sondern vielmehr noch als ein in sich geschlossenes System. Du hast nie den Körperumraum in Betracht gezogen. Im Gegenteil, es sieht so aus, als würdest du die Figur mit dem Zeichenstift wie mit einem Messer aus dem leeren Umraum ausschneiden. 

Hinzu kommt, dass du die Form des Körpers von seiner Oberfläche her begriffen hast. ‚Sehen‘, sagtest du einmal in diesem Zusammenhang‚ ‚ist wie ein Niederschlag auf einer Oberfläche, und die Oberfläche wird vom Auge gescannt.‘ Mit dieser Auffassung von Wahrnehmung bist du dann auch später an die installativen Arbeiten gegangen. Ich denke insbesondere an die Arbeit an der Akademie mit dem transparenten Dreieckfenster im Freien. Wie hängt die Oberfläche mit der Wahrnehmung zusammen?


AD 3

Meine Vorstellung über den Sehvorgang als ein „Niederschlag“ hat sich beim Aktzeichnen und - modellieren entwickelt. Zuerst war die Frage da: Wie entsteht diese oder jene Form? Und dann entstand aus dem andauernden „visuellen Abtasten“ der Formen das Bedürfnis noch mehr in diese einzudringen. Wenn ich aber den Körper in meiner Vorstellung öffnete, so stellte ich mir vor, würde ich wieder nur Oberflächen dessen zu sehen bekommen, was darunter liegt: alles Stoffliche hat nun mal eine Oberfläche.

Und wenn man in einem Raum steht und aus dem Fenster schaut, öffnet das Fenster die Oberfläche des Innenraumes und lässt den Blick weitergehen bis ... ja, bis wohin eigentlich? Es faszinierte mich plötzlich, dass man kilometerweit sehen kann, dass der Blick einen so weiten Radius haben kann. In der Weiterführung hat mich also der Blick, vorallem der Blick aus dem Fenster beschäftigt. In diesen Gedankengang kam aber ein neuer Aspekt hinzu, nämlich die Frage nach der Grenze von Innen und Außen: endet mein Ich an meinen Körpergrenzen oder erst dort, wo mein Blick endet?

Nach zwei Jahren des Zeichnens hatte sich mein Interesse also von der Figur, dem Objekt, auf den Wahrnehmungsakt selbst verlagert. Vorher stieß mein Blick immer nur auf Oberflächen, plötzlich weitete er sich unendlich. Diese Themen konnte ich allerdings nicht mehr durch Aktstudien bearbeiten. Dazu musste ich neue Ausdrucksformen finden und damit war der Beginn gemacht, eigenständige künstlerische Arbeiten zu entwickeln. 


KS 4

Du sprichst mit dem Blick aus dem Fenster auf die Arbeit ‚Blickfeld‘ (Abb. Xx) aus dem Jahre 1992 an. Dort hast du in eine Fensterlaibung ein dreiseitiges Prisma, das mit durchsichtigem Stoff bespannt war, eingebaut, und zum ersten Mal den Akt der Wahrnehmung thematisiert. Kannst du auf diese Arbeit etwas genauer eingehen? 


AD 4

Der Blick aus dem fast fünf Meter hohen Fenster unseres Klassenraumes in der Kunstakademie führt in den rückwärtigen Park. Eine wundervolle Aussicht. Beim Blick hinaus auf die Baumkronen des Parks hat mich aber gestört, dass die Trennung zwischen Innen und Außen von einer Fensterscheibe, sprich von einer Fläche definiert war. In meiner Vorstellung musste dieser Übergang von Innen nach Außen ein dreidimensionaler sein. Deshalb wollte ich einen Zwischenraum schaffen, in dem der Blick sowohl im Innenraum als auch im Außenraum umherschweifen und sich auf unterschiedlich nahe Ziele fokussieren kann.

Ich benützte dabei einen Stoff, den ich aus meiner Zeit am Theater kannte. Je nach Lichteinfall ist er sehr oder gar nicht transparent. Bei Streiflicht blieb das Auge im Innenraum der Form hängen, kam das Licht von vorn, ging der Blick in den Park hinaus. 

In der Malerei Jan van Eycks spiegelt sich oft ein Fenster im Auge der Bildfigur, um eine Analogie von menschlichem Auge und Fenster herzustellen. Das Auge ist die Öffnung zum Körper und ich stelle mir immer wieder diesen Akt vor, wie das Licht durch die Linse in das Auge fällt und dort das Bild der Außenwelt erzeugt.


KS 5

Dass die Wahrnehmung als ein räumliches Geschehen in der künstlerischen Arbeit zum zentralen Thema werden wird, hat mit dieser Arbeit ‚Blickfeld‘ ihren Anfang genommen. Dabei spielt der unmittelbare Zusammenhang von Figur und Raum, von Innen und Außen weiterhin eine maßgebliche Rolle. An den Raumkörper-Installationen hast du diese Wechselwirkung auf besondere Weise sichtbar gemacht.


AD 5 

Mit den genähten Körpern aus Stoff wollte ich dem Raumvolumen eine fassbare und begreifbare Form geben. Es ging aber auch um den Wahrnehmungsakt und: um Statik. Denn die Stoffkörper wurden allein durch gleichmäßige Spannung in die richtige Form zu gebracht. 


KS 6

Normalerweise denkt man bei Raumvolumen an Masse. Deine Raumkörper hingegen sind zwar groß, haben aber kaum Gewicht, zeichnen sich nicht durch Masse aus, obwohl sie ein fülliges Volumen andeuten, sehen schwer aus, sind aber leicht. In den Raumkörper-Arbeiten beschäftigst du dich mit der ‚Idee vom Raum als Skulptur‘. Dabei gehst du vom konkreten Ausstellungsraum und seinen räumlichen Grundkoordinaten aus und entwickelst aus ihm heraus eine Skulptur, die auf ihn durch ihre Größe und Form verweist. Ich denke an eine der ersten Arbeiten Lichtfilter in der Lothringerstraße in München von 1996, wo zwei Quader aus Stoff, ausgehend von zwei Wandfenstern in den Raum ragen. 


AD 6

Gerade diese Arbeit würde ich nicht in die Serie der Raumkörper mit aufnehmen, weil sie nicht den ganzen Raum, sondern nur ein Raumdetail behandelt. Am Ausstellungsort, eine ehemalige Maschinenfabrik, hatte man Zwischenwände herausgenommen. Dadurch verloren Fenster und Raumteile ihre ursprüngliche Bestimmung und dies war der Grund für die seltsame Lage der beiden Fensteröffnungen. Anfänglich ging es nur um die beiden nebeneinanderliegenden, fast quadratischen Fensterflächen, die ich in den Raum hinein projizieren wollte. Der Titel kam dazu, als ich merkte, dass auch das durch die Fenster eindringende Licht eine Form bekam. 


KS 7

Das stimmt, die beiden Raumkörper in der Lothringerstraße befanden sich in einem Raumausschnitt der Ausstellungshalle. Doch sie waren sehr präzise gesetzt und an den Raum gebunden. Die Wechselwirkung von Werk und Ort hast du weiter gesteigert in der Arbeit ‚Raumkörper‘ von 1996 in der Akademiegalerie und dem ‚Ellipsoisd‘ in der Seidlvilla 1997. Dort hast du den Ausstellungsraum in seiner Architektur genommen und in direkter Abhängigkeit von ihm eine Raumskulptur entwickelt.

Bei beiden Arbeiten nimmst du den vorgegebenen Ausstellungsraum als leeren Raumkörper, vermisst ihn genau, um ein skulpturales Gebilde zu formen, das dem Raum einverleibt wird. Es ist wie ein Raum im Raum und gleichzeitig gibst du der Leere des Raumes eine Gestalt. Wirkt der Raumkörper in der Akademiegalerie voluminös und raumfüllend, so erscheint er im Turmzimmer der Seidlvilla luftig und leicht. Mit diesen Arbeiten hast du den Raum als plastisches formbares Material begriffen. Wie waren deine Vorstellungen dazu?


AD 9 

Die Akademiegalerie liegt im Zwischengeschoß einer U- Bahnstation. Es ist ein durch Glas vom öffentlichen Raum abgetrennter und rundum geschlossener Bereich, der wie ein Schaufenster vollständig einsehbar ist. Diese Situation, aber auch die Form des Raumes interessierte mich. Es gab eine Schräge und zwei Stützen, die in der Stoffform zwei Hohlräume bildeten. Ich machte erst ein verkleinertes Schnittmuster von der Form, nähte die einzelnen Stoffstücke zusammen und verspannte sie vor Ort. Das Volumen entstand erst durch die rundum gleichmäßige Spannung des Stoffes.

Der Raum in der Seidlvilla hat eine ganz andere Stimmung und Bestimmung. Er ist hell und liegt hoch oben im Turm. Auch hier interessierte mich der Grundriss: eine Ellipse, kein Kreis, wie man es von einem Turmzimmer denken könnte. Die Entscheidung, den Stoffkörper oben und unten offen zu lassen ergab sich durch die Überlegung, wie ich durch Spannung die zylindrische Form erzeugen könnte. Ich zog in gleichmäßigen Abständen, ähnlich wie Latten in einem Segel, senkrechte Aluminiumprofile in den Stoff ein, verband diese mit dünnen Seilen mit den oberen und unteren Raumkanten, und spannte sie so lange, bis die Form im Raum zu „schweben“ begann. Wohlgemerkt musste jedes dieser Seile eine andere Länge haben, denn nur dadurch entstand die exakte Verkleinerung des Raumes - ein geometrisches Phänomen, das ich erst bei dieser Arbeit "by doing" kennengelernt habe. Häufig waren es Notwendigkeiten dieser Art die zu bestimmten Entscheidungen führten. Wenn eine konstruktive Lösung gut und schlüssig war, gefiel mir am Ende immer auch deren Ästhetik und Form. 


KS 10

Interessant an dem Ellipsoid in der Seidlvilla ist, dass die im Raum schwebende Form oben und unten offen ist. Dadurch ist sie kein Körper mehr mit einem klar definierten Volumen. Die elliptische Form existiert, weil der Raum existiert und umgekehrt. Beide sind untrennbar verbunden und können nur in Verbindung miteinander gedacht werden. Auch in der Wahrnehmung kann nicht mehr eindeutig unterschieden werden zwischen Skulptur und Raum. Diese innere Notwendigkeit und die Ambivalenzen in der Wahrnehmung erzeugt eine einmalige Präsenz der Raumkörperarbeiten. Welchen Stellenwert hat für dich ‚Präsenz‘ in deiner Arbeit allgemein?

 

AD 10

Die Raumkörper entstanden in einem langen Annäherungsprozess an den Ort, und indem ich zeichnete, Modelle baute und Materialien ausprobierte. Erst nach dem Aufbau habe ich sie zum ersten Mal 1:1 am dazugehörigen Ort gesehen. Ich kenne das Gefühl sehr gut, im diesem Moment durch die Präsenz der Arbeit überwältigt zu sein. Die Präsenz einer Arbeit ist das „Mehr“, das vorab nicht Vorstellbare, nicht zu verwechseln mit der „Wirkung“, die man ja durchaus einplant. Trotzdem ist Präsenz kein zufälliges Beiprodukt. Wenn es so wäre, hätte jedes Auto auf der Straße seine Präsenz.  Präsenz entsteht durch eine zwingende und logische Beziehung zum Ort. Durch eine Konstellation, die nur so sein kann und nicht anders. 


KS 11

Die Präsenz deiner Raumkörper-Arbeiten hat, wie du sagst, vor allem mit ihrer Selbstreferenz zu tun. Es geht um die zwingende ästhetische Erfahrung der Skulptur im Hier und Jetzt an dem spezifischen Ort. Das Werk ist nicht einfach transferierbar an einen anderen Ort, denn es ist aus ihm heraus entstanden. Der Ort bedingt das Werk und wird in seiner Bedeutung als Bezugspunkt für die Skulptur mit zum Gegenstand der Arbeit und der Betrachtung. Die künstlerischen Arbeiten machen nicht auf Teile oder Bereiche der Welt außerhalb seiner selbst aufmerksam, sie sind keine Stellvertreter und verweisen nicht auf Abwesendes, im Gegenteil sie deuten auf Anwesendes hin. Sie lenken nicht den Blick von sich selbst ab auf anderes. Sie sind das, was sie sind: sinnlich und physisch präsente Skulpturen im Raum.


AD 11

Wenn du hier von der zwingenden ästhetischen Erfahrung ... im Hier und Jetzt an dem spezifischen Ort sprichst, so bezieht sich das genauso auf den Tanz. Und genauso bin ich damals an diese Arbeiten herangegangen.... Ich habe lange modern dance gemacht und das hat meine Wahrnehmung von Raum geprägt. Es geht dabei nicht nur um die Beziehung von Tänzer und Raum, sondern um die Erfahrung von Präsenz. Es ist die Zeit, in der ich präsent bin, weil ich wahrnehme. Präsenz bedeutet Gegenwärtigkeit. Die Tatsache, dass meine Raumkörperarbeiten temporär angelegt waren, steigerte meiner Meinung nach diesen Moment.


KS 12

Diese Verbindung, die du zwischen dem Tänzer und dem Raum beschreibst, ruft bei mir die Assoziation zu dem Video ‚Was tun!?‘ hervor, in der eine feingliedrige Hand aus der Rückwand einer weißen Schachtel sich tastend durch einen leeren Kastenraum bewegt. Im Zusammenhang mit dem Tanz sieht es so aus, als formuliere die Arbeit eine modellhafte Anschauung deines Verständnisses, dass Körper und Raum untrennbar miteinander verbunden sind und sich gegenseitig bedingen.


AD 12

Tatsächlich hatte ich zu der Arbeit ‚Was tun!?‘ das konkrete Bild eines Körpers im Raum, eines menschlichen Körpers in einem ihn umgebenden Raum, von Tänzer und Bühnenraum, aber auch vom Gegensatz des Organischen zur geometrischen Form, und: von der menschlichen Hand als perfekte Plastik. Zunächst ging es mir nur um formale Qualitäten, die Palette an Form - und Bewegungsmöglichkeiten der Hand: flach, voluminös, offen, durchlässig oder geschlossen. Im Verlauf der „Dreharbeiten“ habe ich gemerkt, dass mit den Haltungen der Hand immer auch Gefühle und Stimmungen herüberkommen. Unmöglich, keine Geschichte zu erzählen. Ich dachte an den künstlerischen Prozess und an Bruce Naumans "Studio exercises": die Langeweile und das Herumlungern im Atelier. Was tun? Das ist eine Frage, die ich mir, als ich anfing, prozesshaft zu arbeiten, wirklich sehr oft im Atelier gestellt habe … die Antwort kam während Arbeit an dem Video : dass der Wert im Tun liegt und nicht unbedingt im Ergebnis.


KS 13

In der Installation 'Treppe' beleuchtest du wiederum eine andere Facette im Verhältnis von Figur und Raum. Mit dünnem Stahlseil verspannst du eine durchsichtige Stoffbahn so im Raum, dass sich abwechselnd horizontale und vertikale Flächen bilden, die die Figur einer Treppe ergeben. Je nachdem welchen Betrachterstandpunkt man am Türeingang einnimmt, sieht man mal den treppenartigen Aufbau, mal die Linien, die den Raum in der Höhe teilen. Stellt man sich den rechteckigen Raum von der Seite vor, schneidet die Treppe den Raum diagonal in zwei gleichwertige leere Raumteile. Es gibt kein Objekt mehr. Die künstlerische Handlung besteht darin, mit Stoffbahnen den Raum exakt zu schneiden. Du hast einen großen Werkkomplex, den du 'Cuts-out' nennst. Steht diese Arbeit in einem konzeptionellen Zusammenhang mit dieser Werkgruppe?


AD 13

Das ist interessant, dass du die "cutouts" mit der Treppen - Installation in Verbindung bringst. Denn zeitlich, thematisch und inhaltlich gibt es keine Verbindung. Die cutouts entstanden durch mein Interesse an der räumlichen - perspektivischen Organisation von Fotografien. Das Schneiden und Teilen siehst du als einen konzeptionellen Zusammenhang - dieses Verfahren habe ich oft angewendet, das stimmt. Verfahren sind in der Kunst so wichtig und ich frage mich oft, warum sie in der Kunstbetrachtung so wenig thematisiert werden. Im Verfahren ist meine Annäherung an eine Sache enthalten, mein Blickwinkel, meine Einstellung und meine persönliche Erfahrung, also ... sehr viel mehr als allein der mechanische Aspekt im Umgang mit dem Material. Jackson Pollock hat deshalb die Malerei erweitert, weil er ein neues Verfahren für die Anwendung von Farbe eingeführt hat. Das hat mit einer erfahrenen und gefühlten Erkenntnis im Umgang mit Farbe zu tun. Mit der Erkenntnis nämlich, dass Farbe als Material behandelt, ihr "materielles Potential", nämlich das Fliessen, entfaltet. 

In meiner Installation wollte ich die Form einer Treppe aus einer einzigen Fläche und einer einzigen Linie, allein durch die Spannung des Seils entstehen lassen. Eine Treppe hat die Eigenschaft, dass sie von oben und von unten gleich aussieht. Ohne die Schwerkraft könnten wir auch auf ihrer Unterseite laufen. Durch diese Eigenschaft entstand die spiegelverkehrte Teilung des Raumes, entlang der Stufenform, die du in der Installation als Schnitt wahrgenommen hast. So gesehen, ist es auch ein Schnitt, oder eine dünne Trennlinie, eine Haut.


KS 14

Wenn du von Haut sprichst, denke ich an eine deiner letzten Raumkörperarbeiten in der Galerie FOE 156. Es ist auch eine ortsspezifische Arbeit. In eine Vierung, die dort vorhanden war aufgrund zwei sich schneidender Raumfluchten, hast du einen quadratischen Raumkörper eingebaut, der vor die eigentliche Wand gelagert war. Er war mit dünnem Papier absolut glatt bespannt. Diese Oberfläche erweckte weit mehr als Stoff den Eindruck von Haut.


AD 14

Mit dieser Arbeit habe ich das Material Papier für mich entdeckt. Sie zu realisieren war eine große Herausforderung, die ich nur mit der Hilfe Vieler bewältigen konnte. Die Ausstellungsräume der Galerie FOE liegen in einem ehemaligen Krankenhaus, einem Behelfsbau aus der Nachkriegszeit. Für meine Installation wollte ich keinen Stoff verwenden, weil ich eine Assoziation zu der früheren Nutzung des Gebäudes als Lazarett absolut vermeiden wollte. Der provisorische Charakter der Holzbaracke brachte mich auf die Idee, gleichfalls mit einem ephemeren Material, nämlich mit Papier, zu arbeiten. Das Papier bedeutete in diesem spezifischen Zusammenhang eine weitere Verringerung von Wandstärke, Volumina und Dauerhaftigkeit, eine "Zuspitzung" der vorhandenen Situation. Die Form entstand aus der Situation. Den Begriff "Vierung" kennt man aus dem Kirchenbau. Es ist der Ort, an dem sich Längs- und Querschiff überschneiden. In der Kirche reklamiert sie eine besondere Kraft für sich. Aber es ist eigentlich gar kein streng umgrenzter Raum, sondern eine offene Form. Sie bildet sich erst in der Vorstellung der Überschneidung zweier sich kreuzenden Volumina.


KS 15

Mit der ‚Vierung‘ hast du die Reihe der Raumkörper-Arbeiten beendet. Du warst auf der Suche nach neuen Ansätzen, weil du – wie du einmal sagtest – nicht mehr nur den einen Raum, sondern den Raum an sich bearbeiten wolltest. Damit einher ging eine Zeit des Experimentierens, die zu einer Erweiterung deiner künstlerischen Arbeitsweisen geführt hat. Ich möchte noch einmal auf die frühen cutouts aus den 90er Jahren zurückkommen. Damals hast du fotografische Motive nach zentral-, farb-oder raumperspektivischen Gesichtspunkten ausgeschnitten und analytisch zerlegt. Ich denke insbesondere an die Landschaftsfotos, Vorlagen aus Zeitungen, kunsthistorische Bilder von alten Meistern. Es waren Papierarbeiten, die mehr den Charakter von Studien hatten.


AD 15

Mit dem Schneiden löst man etwas aus dem Zusammenhang - beim Bild ist es der inhaltliche Zusammenhang, der verändert wird. Man kann auch etwas in das Bild hinein kleben, was einen ähnlichen Effekt hat. Ich habe einiges ausprobiert, und bin damit auch in größere Formate gegangen, wie in der Lothringerstrasse, wo ich ein Stück der Fassade mit weißem Papier kaschiert habe. (Abb. XX ) Eine Über - oder Ausblendung fokussiert immer etwas anderes - damit arbeitet ja auch Christio mit seinen Verpackungen. Aber bei der Frage ob ich aus einem Bild etwas herausschneide oder ob ich es überklebe, muss ich die Statik des Papiers mitbedenken, die sich dadurch sehr verändert. Das Material, also das Papier, wird unter Umständen sehr schwach, wenn ich zu viel wegschneide. Da es bei mir auch immer um das Material geht, spielt das also eine Rolle in der Entscheidung, ob ich klebe, oder schneide. Mich hat dann doch eher das Schneiden interessiert, die Grenze des Übergangs hin zur Auflösung.


KS 16

Ich frage mich gerade, ob auch die Fahnen, die du in New York aus dem Fenster hängtest, rechteckige Stoffbahnen mit einem ausgeschnittenen Oval in der Mitte (Abb. Xx), in gewisser Weise zum Werkkomplex der Cutouts gehören? Oder die gewundenen Blätter aus Gips (Abb.XX)? 


AD 16

Ja, die Fahnen in NY passen da genau hinein. Die Papierschnittarbeiten und die Arbeit mit Blättern entstanden in dieser Zeit während meines Aufenthaltes in NYC. Die Bewegung des Papierbogens, der Wandel von der Fläche ins Dreidimensionale, das interessierte mich. Als ich im Sommer 2001 mit einem Stipendium nach NYC kam, habe ich mich über die vielen Flaggen in der Stadt an den Hauswänden nur gewundert. Zu dieser Zeit war das in Deutschland echt verpönt wenn man mit einer Deutschlandfahne herumlief - das machte nur die NPD. Aber dann kam der 11. September. Und danach wurde es nicht nur noch extremer mit den Flaggen. Der ganze Umgang mit dieser schrecklichen Geschichte war mir sehr fremd: ich wollte trauern. Und mich ergeben. Nicht gleich weitermachen oder gar zurückschlagen. Eine sehr "deutsche" Haltung wahrscheinlich. Ich erinnerte mich dann an die Bilder der Wiedervereinigung, als ostdeutsche Bürger das Symbol Hammer, Zirkel und Ährenkranz aus ihrer Fahne herausgeschnitten hatten und damit auf die Straße gingen. Das waren starke Bilder. Es war der Schnitt, der einerseits eine Verletzung war und die Fahne als Symbol zerstörte, aber gleichzeitig war es eine Öffnung, die eine neue Aussicht freigab, also Hoffnung vermittelte. Und diese Ambivalenz des Schnitts habe ich benutzt bei meinen beiden weißen "flags". Es waren zwei, damit ein Raum dazwischen entstehen konnte und man konnte sie in ihren korrespondieren Bewegungen beobachten. Es war eine sinnliche und schöne Arbeit, und ein Glück für mich, dass ich diese Gelegenheit bekam, sie dort aufzuhängen.


KS 17

In der Zeit nach 2000 hast du dich vom Stoff als Material ab- und mehr dem Papier zugewendet. Es entstanden cut-outs von fotografierten Innenräumen (Abb.xx z.B. Lothringer cut oder Birkenau cut), kleinere dreidimensionale Papierobjekte und flache Arbeiten aus dünnem Karton, den du geschnitten, zerlegt und neu zusammengesetzt hast (Abb. XX z.B. weiss auf grau, 2xA4, oder im Ordner Objekte ‚schwarz auf weiss Prototyp). Daraus wiederum entwickelten sich später große Wände aus schwarzem Tonpapier in bestimmten Musterfolgen wie z.B. im Kunstverein Rosenheim, und großformatige Decken- und Bodenarbeiten (Abb.Schwanthaler XX). Die Zerlegung von geometrischen Formen in Muster hat einerseits etwas Strenges und gleichzeitig auch etwas Ornamentales. In welchem Verhältnis stehen die Papierarbeiten zu dem Wunsch, neue Verfahren der Raumbearbeitung zu eruieren?


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Papier gefiel mir nach wie vor. Als Material ist es aber wenig haltbar und empfindlich, und es wirkt immer skizzenhaft. So wie ich es vorher schon in der Bildcollage gemacht hatte, habe ich einen Raum spontan mit DIN A 4 Papier abgedeckt. Ich wollte einerseits Oberflächen ausblenden, und dem Raum eine neue Maßeinheit einschreiben, den Raum vermessen. Als ich ein Foto von der Situation machte habe ich aber gesehen, dass sich ausgerechnet durch die Übersetzung ins Zweidimensionale der Eindruck der Räumlichkeit verstärkte. Das war mir Neu, das fand ich interessant und so arbeitete ich mit den Blattformaten weiter. Der entscheidende Schritt war aber, das Blatt als Modul zu verwenden. Ich hatte die Lösung gefunden, Arbeiten zu wiederholen, zu variieren, zu verändern und trotzdem mit und in Räumen installativ arbeiten zu können. Das einzigartige und ausschließliche "matching" von Raum und Skulptur war damit allerdings vorbei.


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Das stimmt, aber du hast dafür eine ganze Reihe an Verfahrensweisen entwickelt, den Raum neu zu definieren. Und du hast mit der Serie paperwork eine Möglichkeit gefunden, dem Medium Fotografie einen autonomen Stellenwert zu geben. Die Fotografie hat dich durch dein ganzes künstlerisches Schaffen begleitet. Du hast sogenannte Referenzfotos von Alltagssituationen gemacht, die deiner künstlerischen Auffassung von Bildhauerei nahe gekommen sind. Aber du hast sie nie als selbständige künstlerische Arbeiten begriffen, sie galten dir eher als Inspirationsquelle und Materialfundus, und deshalb hast du sie selten in der Öffentlichkeit gezeigt. Aber die Fotografie spielt in deiner künstlerischen Arbeit eine wichtige Rolle.


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Auf der Suche nach meinen Themen und meinen Ausdrucksmöglichkeiten habe ich im Alltag oft Situationen entdeckt, die Sachverhalte, mit denen ich mich beschäftige, perfekt darstellten. Meine Vorstellung über das Sehen als ein „Niederschlag“ zum Beispiel, fand ich in einem Motiv, das ich bei einer Reise in Tschechien sah. Es war ein Gulli am Straßenrand, über den ein weißer Seitenstreifen gesprüht war. Der weiße Sprühnebel blieb zum Teil auf der Oberfläche liegen und fiel zum Teil in die Öffnungen hinein (Abb. Xx). Das war so auf den Punkt gebracht, das begeisterte mich. Anfangs waren die Fotos Skizzen und Arbeitsmaterial für mich. Ich habe teilweise auch versucht, die Situationen nachzubauen – aber das war es nicht. Denn es ließen sich nicht Details herauslösen oder aus dem Zwei – ins Dreidimensionale zurückübersetzen. So blieben Sie, bis heute, etwas undefiniert in meinem Werkkontext liegen.

Es gibt also die dokumentarischen Fotos der Raumkörperarbeiten, die paperwork – Serie, die eine reine Fotoarbeit ist, und die Referenzfotos. Bei Letzteren würde ich aber nicht von Fotografie sprechen. Ich würde sie als objets trouvés bezeichnen.


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Die Bezeichnung ‚objet trouvé‘ für Fotos, die einen vorübergehenden Moment wie auch einen bestimmten selektiven Blick auf den Alltag wiedergeben, finde ich interessant, weil man mit dem kunsthistorischen Terminus normalerweise reale dreidimensionale Objekte verbindet. Du fotografierst Objekte in alltäglichen Situationen und Strukturen wie z.B. Container, Kisten, Behältnisse, Baustellen, Baugerüste, Lagerhallen, Orte, an denen Holz gestapelt, Papier geschnitten, Steine aufgeschichtet sind, Häuserfassaden mit Türen und Fenstern, Straßenführungen und Markierungen. Du fotografierst die Objekte in ihrer Eigenheit als skulpturale Form oder thematisierst sie im Verhältnis zum Umraum und zur Architektur. Vielleicht könnte man die Referenzfotos treffender mit ‚ situation trouvé‘ bezeichnen?


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Meine Fotos zeigen das zufällige Zusammentreffen verschiedenster Bedingungen des Alltags, die dort ungesehen existieren. Mein Zutun ist es, dies zu erkennen, und es in einen, genauer gesagt, in meinen künstlerischen Kontext zu stellen. Die einzelnen Objekte lassen sich, wie ich schon erwähnte, oft nicht aus diesem Zusammenhang herauslösen. Da das Wort "Situation" nicht nur eine räumliche, sondern auch eine zeitliche Dimension hat, finde ich den Begriff "situation trouvé" sehr passend. Mir gefällt aber auch der Begriff environment, da es immer auch um den Kontext geht.

Im Verlauf unseres Gesprächs wird mir aber immer klarer, was die Referenzfotos miteinander verbindet. Sie stellen alle die gleiche Frage: wie entsteht eine Form? Diese Frage beschäftigt mich seit meinen Aktstudien zu Beginn meines Studiums. Wie entsteht denn eine Form? Manchmal entsteht sie durch das Zusammentreffen verschiedenster Bedingungen. Daraus folgt die Frage: warum ist sie für mich von Belang? Und dieser Wert, diese Belange hängen von meiner Entscheidung ab. Sie liegen quasi im „Auge des Betrachters“.

Wenn man an die sachlichen Fotografien der Bechers oder eines Thomas Struth denkt, dann versteht man, dass der künstlerische Akt mit dem Blick auf die Dinge beginnt und dass das weitere darin besteht, diesen Blick durch ein künstlerisches Verfahren zu einem Werk zu machen. Vielleicht habe ich einen speziellen Umgang mit diesen Fotografien noch nicht gefunden. Eben jenes Verfahren, welches sie zu einem künstlerischen Werkkomplex machen würde. Oder einer anderen Form der Aufarbeitung, so wie es Gerhard Richter mit seinem „Atlas“* machte. So lange das nicht geschieht, bleiben sie mein Arbeitsmaterial, Fundus, Gedankenspiel, und eine Hommage an die Poesie des Alltags. Aber das ist in Ordnung. Es muss ja nicht alles zur Kunst werden.

 





A Conversation between Karolina Sarbia (KS) and Afra Dopfer (AD)



KS: Time and again, for almost two years, we’ve met at your studio in order to talk about your works and to arrange them in a visually perceptible way for the current catalogue. This visual order for the catalogue reflects the fact, that in recent years various groups of works have been created simultaneously, which are more or less closely linked to each other. In 1998 there was a discernable caesura in your work, as you stopped creating the “Raumkörper”. In the catalogue, the last work of this kind is presented, which you designed specifically for the space in the artist’s gallery FOE 156 in Munich. What lead you to this radical break? What came before and what came next?


AD: In the work you are talking here, Vierung /Intersection (p. 8, 9; p. 11, 12; p. 15), I had thought, that I’d brought my idea of space as sculpture to its conclusion. But after that, there was a phase, which can best be described as a standstill. I was always dissatisfied with the results of my work. It was impossible to further develop the theme of a “room in a room,” in its previous form, as it were. So, I decided to try something new, something that was entirely new to me. I began drawing again: I made geometric, schematic stencil drawings without any motif, and without having any specific goal in mind. It was an entirely non-specific approach. It was in this time when I realized, that I needed to change my way of working in order to progress.


KS: This turning point, or caesura, was a departure from previous concepts combined with a reorientation. You had reached an artistic limit, in a sense, a “point of no return”. When I think of your “room within a room” installations, which were always designed specifically for each exhibition space, both the conception as well as the working method were precisely aligned to the space. The installations were maintained only for the short duration of the exhibition, though what did remain were the photographs as documents of the site-specific work. What was the main reason for this desire to change your working methods? Did it have more to do with the spaces provided, or rather more to do with the concept, that is to develop a temporary artwork for only one specific place? What reasons drove you to this drastic change? 


AD: In the “room within a room” installations, I had only concentrated on a single project that I created throughout the course of a long and stringent process. I had tried to implement a precise and exact idea, by drawings, plans, models, and material tests. If this is successful, if the work is completed, when the idea has “materialized” before your eyes—this is a fantastic feeling! Eventually, it bothered me that I was unable to integrate many other aspects that I encountered in this method of working, Not to mention that after this arduous process, which often took more than a year, all that remained was a photograph. So, I wanted to simultaneously pursue more than one thing in parallel, or “multitrack”, to accommodate my various interests. 


KS: What exactly do you mean, when you speak of “simultaneously pursue more than one thing in parallel”, or “multitrack”? Do you mean that you wanted to develop your works that were independent from a space, because the orientation towards one space was too “single-track”? You’ve experimented a good two years, though you’ve exhibited none of these works. What have you missed in the work and what did you want to include and integrate?


AD: I wanted to work on the room itself, not just the one room any more. But how should I implement it? At first it was just a thought. Today I can say that, at that time, I “only” decided on a procedural change, but that was also the most difficult thing to do: I had to change my way of working. 

Above all, I had to first remove from my mind, what my art work should look like. I decided to do basically anything, to do something that was unknown to me. I also decided to do only things that were simple for me, and at first not to judge the outcome. I jumped from one medium to another, from drawing to string, from string to space, from space to photograph, et cetera. It was only after a while that I could see what it was about. It had to do with multifaceted relationships between body, space, surface, and line; but still within the fundamental sculptural issues.


KS: It is quite apparent, as you have realized a large repertoire of works after 2005, which are created utilizing various genre and medium. In my view, there is a small work that represents your desire to work on the “space per se,” simple, yet distinct: a black-painted egg, in which the window frame of a room is reflected on its surface. (p. 20). Here the space is manifested as a reflection on the surface of the egg, in a compact form, so to speak. The sphere or the circular shape is an important form that you are using frequently from that time. In an interview you once mentioned that the sphere is equivalent to the closed space of the previous “Raumkörper”-installations. You use it less because of its symbolism, rather more because of the form. What do you mean exactly?


AD: The sphere is a complete form; it is a closed system. In my earlier work with the sphere and the spherical form, I had dismantled this coherence. I divided, doubled, and suspended its form, as I observed how their properties and their spatial reference would change. While the sphere rolls across the floor, the ball segment can only move up and down, like a seesaw . . . this is a very different spatial behavior in comparison to rolling through a room. (p. 18). The works, such as Ball (title) and Sphere/ Infinity (p. 74) dealt with the spherical surface - drawings on the surface of a plaster sphere, which in comparison to a drawing on paper, have no limit. After that, the spheres became a module - a universal element, depending on the arrangement, it would either become a line or chaotic pile of spheres. (p. 73). In working on spheres, I’ve learned that both, in their form and in their behavior, there is always inherent relationship between spheres and their surroundings. This was an important discovery, and I think that it is the reason why I still work with the sphere.


KS: Let’s look at these differences in handling the sphere more closely. In all these works you use the form of a sphere both as an opportunity and as a starting point for the sculptural process, which in its manifestation appear to vary considerably. With the working methods described above, it seems that you could repeatedly strive for new spatial aspects, using the sphere. Doesn’t the large mural located in the Department of Chemistry and Pharmacy in Grosshadern, where you work with the form of a sphere impression, belongs to this complex? Or in the video work of a hand, throwing up and catching a red ball repeatedly? The “airspace” that the ball measures, is perceivable as an empty room, by the act of throwing. What role does the negative or empty space play in your work in general?


AD: In my earlier work—specifically the “Raumkörper”—the space was even more important than the mass. It was about the experience of space. In dance one can describe and experience space through one’s own movement in it. In sculpture, space could be comprehended, for example, through the juxtaposition of the “positive” and “negative,” of mass and volume. When a “traditional sculptor” makes a mold from a clay model, we could see that the negative in the mold also has a volume, which is visible by the surface of the impression. In this respect, the work, “Impression of a Sphere”, as I have done in Grosshadern, is a good example of how I see the surface as a mediator between positive and negative. If we were in a room, most certainly we could see only surfaces. We could see the room because of its boundary, or because of an object inside. I want to show this relationship: that the perception of space and object belong together.


KS: This specific understanding of surface as a link between the positive and negative form is particularly apparent in the work that you realized for the FOE 156 gallery, of which we spoke at the outset (p. 12, 15). At the intersection of two traversing hallways you placed a cubic fits to the space’s actual dimensions. The construction was covered with smooth white paper, and at the center of the “Raumkörper”, an empty interior space, was visible from four sides, but was not accessible. The covered construction was installed like a “secondary skin,” set slightly from the actual wall.


AD: In this work, I went a step further: I didn’t necessarily contrast positive and negative, but rather enveloped a wooden structure with large paper surfaces by using skeleton construction like in a building. That is how the form was made. Since the form was very open, and the surface encompassing the space, quite thin, one could barely distinguish the interior space from the exterior body. Space and body were as one.


KS: The void plays a crucial role, even in your spherical objects in combination with strings. I think of, for example, “New Planet” (p. 62, 63), in which a white ball is hung conically by strings, as if it is almost hovering in the upper airspace. Or the austere work, “Bundle” (p. 64, 65), which through an extension of the threads results in an open Field (p. 61). A minor change creates a big impact. How do you see the relationship between space and mass in the “sphere suspensions”?


AD: Spheres with strings form a further category in the sphere works. In this case the string represents the line as an element of drawing, and the sphere represents the sculptural figure. Although a string also has volume, in comparison to a sphere, it is minimal. I like this combination, because of its apparent and a little more comprehensible contrast. While the spheres are a sculptural mass, the individual thread barely has volume. But it can measure the space and it can form volume in its quantity, therefore it has, in a manner of speaking, sculptural capabilities. The strings obtain tension through the weight of the ball, and the ball in turn receives a connection to the space: a direction, an orientation, and a fixed movement radius. In these works, space and mass are mutually dependent; they exist in a precisely balanced ratio of interdependency.


KS: You use string as a sculptural material and describe it as a line in space. In the video work “cachemain” (p. 24, 76, 77) you carry out a simple story line, in which a thread of wool assumes the function of a graphic, drawing-like line. In the process a hand wrapped in wool is gradually revealed. Then you change the medium and the working method and draw a line with a pencil on a spherical surface, or make drawings on paper, in which delicate lines entangle themselves or it is as if fine metal threads are suspended on an invisible nail on the wall (p. 79). What are your thoughts on this?


AD: While I am working, I do not know at which inner place, that the various activities, observations, and experiences flow together. Usually there is no causal connection in the realization of a piece to the following one; there is no temporal proximity, and certainly no chronology. In “Sphere/Drawing” (p. 75) I was interested in what would become of the line, when placed on a spherical surface, which means I started from the idea of drawing. While drawing on the sphere, I discovered the similarity between the gesture of drawing and the winding of yarn into a ball. It was the same spatial, repetitive movement, but with a pencil. I only noticed the outer resemblance to a ball of yarn afterwards. In this case, the relationship of these two works lies in the motion. Both are originated from a specific understanding of an object.


KS: Drawings, murals, objects—they occur temporally, often in parallel. I think about the wall objects with the mostly black spheres in particular, which form a ring or a chain, or the line of spheres suspended in space, which form a knot at the end. (p. 73). Do the drawings accompany the objects or do the objects inspire the drawings? With the shift from two-dimensionality to three-dimensionality, and vice versa, not only a change of medium, but also a shift in perception is involved. Is that right?


AD: At the beginning of this phase, drawing and sculpture emerged and existed independently from each other. Often I could see the relationship between a drawing and a sculpture only in retrospect. But it also happens that while I draw a motif, I become interested in how it might look like for example, the overlapping circles in three dimensions. Sometimes the transformation does work. But sometimes the motif can be actualized only either in two - dimension, or in three-dimension. While working I could see interconnections in-between medium. But this means more than just a change of perspective. It establishes and keeps a process of development running.


KS: “Process of development” is a term that I would not necessarily associate with your work. The spatial reference, the reduced aesthetics—usually in black and white—, the focus on the perception, the elimination of the artist’s ductus, these are all aspects that I rather associate with minimal art and conceptual art. Of course, there are also clear differences, especially with regard to the understanding of art as a pure idea. Yet, what do you think about these art movements?


AD: I like minimal art. For me personally, there is a lot within this art movement that is very important. I like its logic, its readability, and the idea of ​​creating one’s own language with art. Just like the artists of minimal art, I work preferably with objects and materials that don’t speak for themselves, and are not charged with meaning: a black string, a sheet of paper, a black or white sphere. I am concerned with the sculptural, spatial, tactile qualities of these things, to their behavior, and that this behavior is recognizable to the viewer. Everyone knows what a sheet of paper feels like. It’s also important that they are simple things, and that I can use them in a versatile way. While I work, I’m in a system without terms, like in a game with its own logic and dynamics. I observe as things change. It is an open process, a process-oriented work with an uncertain outcome. This approach is far from being conceptual; in this sense, I’m rather more intuitively minded. 


KS: Your approach is therefore both analytical and intuitive. Moreover, in your current work you imply a playful moment that becomes increasingly more important. Many recent works deal with the ornament as a playful form (p. 125). On the one hand you’ve used geometry and other mathematical theorems, and on the other hand, ornamental pattern becomes frequently present in your work. I’m thinking especially of your “patterns” as drawings with circle templates, linear murals made ​​of MDF or paper (p. 120), or the new wall pieces. How do geometry and ornament fit together for you, and what is the significance of the ornament in your current work?


AD: I was always very interested in the subject of the “ornament,” but never incorporated it into sculpture. It was inherent in earlier works, that’s for sure, but was not yet formulated as is the case in the more recent works. Ornament has a lot to do with geometry but has no spatial aspect. To create a pattern I first design a linear grid as a basis. At the intersections of the lines I place a point - or a sphere. I could develop manifold patterns with this simple geometrical structure as a basis. It is really like a game: add two, subtract one, add three, subtract two - it can go on endlessly. In contrast to drawing, the three dimensional wall ornament that I construct with the spheres interferes to the room, because it always creates new shapes and patterns with the change of the viewing perspective. (p. 29, 126, 127) 

I’ve realized that my wall ornaments have a lot to do with sculpture. Also, this way of working allows me great freedom; I can adapt the structure of the ornament to the dimensions of the space, so I can work in a site-specific manner, but it is open to be developed by itself as well. And all with a single element, the black sphere.


KS: You experiment with geometric shapes such as sphere, circle, triangle, or square. In the wall relief with the Lamellos that you installed at a slight distance from the wall on small nails (p. 28), you even combined trapezoidal, circular, and square shapes into one form. Max Bill was interested in the development of an elementary visual language with nonobjective organizing principles in mathematics by mentally training the eye. Like for his teacher Josef Albers, for him the square was a neutral platform for the invention of a timeless principle of form. In order to actualize it, he used visual techniques such as mirroring, rotation, doubling, or repetition of formalistic elements. The image became more and more of a visual field. I think your work continues this tradition, but extends the linguistic vocabulary, in view of the fact that besides the image area, the aspect of space plays a dominant role. Are you connected to this tradition?


AD: One can use the phrase “. . . development of an elementary imagery with geometric forms . . .” in connection to my work, although I do not work in such a strict programmatic manner. It reminds me, in your mention of concrete art, that the space also played an important role, because the artists were also working as designers, architects. The path from two-dimensionality toward three-dimensionality was in fact apparent in this art movement. However my rooms are not designed. I don’t assert that the room is a work of art, but rather work with the inherent characteristics of a space. For example, an artist like James Turrell incorporates the entire room into his work. Turrell removes all distractions, all of the everyday objects in the room beforehand, so as to focus entirely on the perception of his optical phenomena. 

The manner in which I refer to the space, perhaps, lies between these two versions. The space is an important part of the event and the work, but the object and the space should be able to exist simultaneously, without it leading to a stage. I’m interested in bringing the abstract and the somehow ideal world of geometry into completely ordinary rooms.


KS: Resorting to geometry and ornamentation, consequently leads to a so-called objective, desubjectivized language of forms. In our previous conversations in your studio, you have also insisted that you do not want to be explicitly “seen” as a person in your work, in other words, that you consciously forgo incorporating personal subject matter into your art. In your work, do you formulate an argument for a strict separation of art and life? What type of connection exists for you between your life and work of art?


AD: There is a quote from Mark Rothko, although it has to do with a very different context, now it occurs to me in regard to your question: “I was aware of my heartfelt desire to make a place that is self-contained and that only belongs to me.”* I understand this need very well . . . In a “place that only belongs to me” there is no language. Having no terms for something means relaxation and concentration for me. I’m in such a space when I work. Yet, there is a close connection between my life and work, and not just my own work, but work of art in general. I am always looking for my very own way in art, just as works of other artists really affect me. You ask how this fits together with my objective use of forms ? The fact that I am seeking structures or regularities has a lot to do with my person. I always look at things in their entity and in their relation to the whole. In this respect, I do not see it so, that I don’t appear as a person in my work. I would like to talk about art but I do not talk about me, or about other matters outside of the art itself—so, in that sense, I do insist that there is a separation of art and life, that’s right. I believe, however, that life manifests itself in space and in the materiality of a sculptural body. Space is always a common space, an interspace, a connecting mass between us. Every person inevitably interrelates to the space, to the room and to another person, because she/he is a body herself/himself that moves in space. Everything that is in space, is also in the here and now of life.



* The quote is in regard to the Seagram Murals, a series of paintings that were commissioned for the Four Seasons restaurant in the Seagram Building, New York, 1958. 


Quoted from: Mark Rothko Retrospective, Hubertus Gassner, Christiane Lange, and Oliver Wick, eds. (Munich: Hirmer Verlag, 1998), 31. Published in conjunction with the exhibition of the same name, shown at the Kunsthalle Hamburg / Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, Munich, 2008.



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